Wer kennt es nicht, das Fair Trade Siegel? Seit etwa zehn Jahren können sich auch Städte als Fair Trade Towns auszeichnen lassen. Was das dann im Detail bedeutet, wie es funktioniert und was es daran vielleicht auch zu kritisieren gibt, klären wir in diesem Artikel.

Schon 568 Städte in Deutschland können sich Fair Trade Towns nennen und setzen sich aktiv für fairen Handel ein. Durch die Kampagne wird das Thema auf kommunale Ebene gehoben und einzelnen Akteuren fällt die Vernetzung leichter.

Was sind Fair Trade Towns?

Fair Trade Towns sind Städte oder Kommunen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben fairen Handel zu fördern. Das erreichen sie zum einen durch Ausschank von fair gehandelten Getränken in den eigenen Gremien, zum anderen durch den Verkauf im örtlichen Einzelhandel und vielfältige Veranstaltungen rund ums Thema. Menschen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft engagieren sich gemeinsam, um Lebensmittel-Produzenten im globalen Süden durch faire Bezahlung zu unterstützen. Die Auszeichnung wird von TransFair e. V. vergeben, dem Verein, der auch für die Vergabe des Fair Trade Siegels in Deutschland zuständig ist.

Der internationale Kampagnen-Start der Fair Trade Towns war im Jahr 2001 in England. In Deutschland wurde Saarbrücken 2009 als erste Stadt ausgezeichnet. Aktuell gibt es landesweit 568 Städte (Stand Februar 2019). Weltweit sind es über 2000 Städte in 36 Ländern.

Was ist Fair Trade?

Bei Fair Trade geht es darum Kleinbauern in Entwicklungsländern ein besseres Leben zu ermöglichen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Kaffee. Normalerweise verdienen Kaffeebauern nicht besonders viel, weil sie den Preisspekulationen des Weltmarktes ausgesetzt sind. Bei Ernteausfällen sind sie zudem nicht abgesichert. Bei Fair Trade Kaffee ist das anders: Die Bauern organisieren sich in Kooperativen, teilen Wissen und Arbeitsgeräte und bekommen einen fairen Preis (plus Prämie für Gemeinschaftsprojekte) gezahlt. Doch es gibt nicht nur Kaffee, sondern auch viele andere Fair Trade Produkte. Zu erkennen sind sie an dem grün-blauen Symbol (siehe erstes Bild).

Frisch geerntete Kaffeebohnen

Die fünf Kriterien für Fair Trade Towns

Um den Titel Fair Trade Town tragen zu dürfen, müssen fünf Kriterien erfüllt sein.

Der Bewerbungsprozess beginnt mit einem Ratsbeschluss. Die Kommune beschließt fairen Handel zu fördern und bei allen Sitzungen werden fair gehandelte Getränke ausgeschenkt.

Als nächstes findet sich eine Gruppe aus mindestens drei Personen zusammen, die die Koordination auf dem Weg zur Fair Trade Town übernimmt. Wichtig sind dabei die unterschiedlichen Hintergründe der Mitglieder. So braucht es eine Person aus der Zivilgesellschaft, eine aus der Politik und jemanden aus der Wirtschaft.

Diese Gruppe kümmert sich dann unter anderem darum, dass im lokalen Einzelhandel und Restaurants oder Cafés eine Mindestanzahl an Fair Trade Produkten angeboten werden. Die Anzahl der Orte richtet sich nach der Einwohnerzahl der Stadt. Bei 50.000 Einwohner sind beispielsweise zehn Einzelhändler und fünf Gastronomen nötig. Auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Vereine und Kirchen werden in den Prozess mit eingebunden. Sei es mit einer Projektwoche in der Schule, fair gehandelten Sportbällen im Verein oder einem Weltladen neben dem Pfarrhaus.

Der Prozess muss von den Medien dokumentiert werden und wenn alle Kriterien erfüllt sind, kann nach einem Jahr die Auszeichnung Fair Trade Town vergeben werden. Die gilt dann für zwei Jahre. Danach wird der Stand mit verschärften Kriterien wieder überprüft.

Kritische Betrachtung der Auszeichnung

Kritiker bemängeln, dass die Kriterien für die Vergabe zu oberflächlich seien. Als ein Einzelhändler gelten in Kriterium 3 auch einzelne Filialen einer Supermarktkette. Städte könnten sich so ohne viel Aufwand auszeichnen lassen und die Auszeichnung als zusätzliche Werbemaßnahme verwenden ohne sich ernsthaft mit fairem Handel auseinanderzusetzen.

TransFair e. V. steht außerdem in der Kritik, weil der Verein sich unter anderem durch die Zertifizierung von fair gehandelten Produkten finanziert. Die Fair Town Kampagne kann deshalb auch als großangelegte Werbemaßnahme für das Zertifizierungssystem interpretiert werden. Dies weist der gemeinnützige Verein ohne Gewinnabsichten allerdings zurück.

Ein generelles Problem ist es, dass der Begriff fair gesetzlich nicht geschützt ist. Der Verbraucher kann so nur schwer erkennen, welche Kriterien ein Produkt erfüllt. Bei manchen Produkten aus nur einem Inhaltsstoff ist es klar zu erkennen (z. B. Kaffee oder Bananen). Andere Produkte beinhalten nur einen kleinen Teil fair gehandelter Zutaten haben aber trotzdem das Siegel auf der Verpackung. Bei Produkten mit dem Fair Trade Siegel ist es so, dass mindestens 20 % der Inhaltsstoffe aus fairem Handel stammen müssen.

Aber…

Ein bisschen ist besser als nichts. Eine Stadt alleine bewirkt noch nicht viel, aber in Deutschland sind es schon über 500 und es werden immer mehr. Besonders in der öffentlichen Beschaffung ist der Hebel größer als beim Einkauf eines einzelnen Konsumenten. Behörden können hier eine Vorbildfunktion übernehmen und globale Entwicklung beeinflussen. TransFair e. V. dokumentiert auf seiner Homepage alle aktuellen Fair Trade Towns und gibt Hilfestellung für Städte und Menschen, die sich engagieren wollen. Die Kampagne trägt auf alle Fälle dazu bei, fair gehandelte Produkte bekannter zu machen und Konsumenten für die Herstellungsbedingungen zu sensibilisieren.

Kaffeetisch mit Beschriftung

Achte doch bei deiner nächsten Städtereise mal darauf, ob du eine Fair Trade Town besuchst oder dir das Siegel irgendwo begegnet. So gibt es in manchen Städten wiederverwendbare Jutebeutel oder Fair Trade Schokolade im Stadt-Design als Mitbringsel für zu Hause Gebliebene.

#samebutgreen & #samebutfair ?