Derzeit findet wieder der Herbstzug der Glücksvögel statt: Sie kommen aus Skandinavien und fliegen zum Überwintern gen Süden. Selbst für Laien-Ornithologen sind die V-förmigen Flugformationen einfach zu erkennen und ein sehr schönes Schauspiel. Auch der Einflug in die Übernachtungsplätze und die Nahrungssuche sind sehr schön anzusehen. Kraniche beobachten, zählt zu den besonders sanften Aktivitäten des Tourismus. Wir erklären dir, welche Orte sich besonders eigenen und was du dabei unbedingt beachten solltest.

Kraniche beobachten: Wann fliegen die Kraniche und wohin?

Insgesamt rund 400.000 Vögel streifen Deutschland auf ihrer Suche nach ausreichend Nahrung für den Winter. Ab Mitte Juli brechen sie aus verschiedenen Regionen Skandinaviens auf und treffen sich an Sammelplätzen mit ihren Artgenossen. Dann fliegen sie gemeinsam in den Süden, wo sie in der Regel Ende Oktober ankommen. Ab Mitte August können sie an verschiedenen Orten in Mecklenburg-Vorpommern beobachtet werden. Auch in Teilen Brandenburgs sammeln sich die Vögel. Aus dem Osten Deutschlands kommend fliegen sie über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Rhein-Main-Gebiet nach Frankreich. Der Großteil überwintert im Süd-Westen Spaniens. Ein kleiner Teil fliegt noch nach Portugal und Nordafrika weiter. Mehrere Tausend bleiben zum Überwintern mittlerweile auch in Deutschland.

Der Graue Kranich ist die einzige Art bei uns und gehört zu den größten Vögeln Europas. Sie fliegen in V-Formation, mit einem erfahrenen Tier an der Spitze, danach kommen Eltern mit ihren Jungkranichen. Das minimiert den Luftwiderstand und stärkt den Gruppenzusammenhalt. Im Gegensatz zu anderen Zugvögeln wird die Flugroute nicht genetisch vererbt, sondern muss den Kindern erst gezeigt werden. Dabei sind sie mit bis zu 65 km/h, einer maximalen Höhe von 4000 m und zwischen 100 und 1000 km Strecke am Tag unterwegs. Sie könnten also ohne Rast bis Südeuropa durchfliegen, werden aber häufiger von Wind, Nebel und Regen aufgehalten.

Die besten Orte für die Beobachtung:

Mecklenburg-Vorpommern

Kraniche beobachten auf der Halbinsel Zingst, im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und am Günzer See: Hier sammeln sich viele der Tiere, um sich Nahrungsreserven für den Weiterflug anzufressen. Tagsüber können sie bei der Nahrungssuche beobachtet werden und nachts beim Schlafen im seichten Wasser. Hier gibt es ein eigens eingerichtetes Informationszentrum, eine barrierefreie Beobachtungsstation und mietbare Fotohütten. Die Bio Ferienwohnung Ginko Mare liegt nur eine halbe Stunde von Region entfernt.

Kraniche im Müritz Nationalpark: Auch bei Waren am Rederang-See lassen sich die Vögel sehr gut beobachten. Die Region bietet ein eigenes Kranichticket an, welches eine Bustour zum abendlichen Einflug und eine Führung beinhaltet. Als Ausgangspunkt eignet sich beispielsweise unsere Unterkunft gemütliche FeWo mit eigenem Floß.

Die abgeernteten Maisfelder auf Rügen sind ebenfalls ein beliebter Treffpunkt für die Tiere. Mehrere Reedereien machen hier in Zusammenarbeit mit dem Kranichschutz Deutschland bis Ende Oktober Kraniche erlebbar, ohne sie zu stören. Als Unterkunft während der Kranichwochen bieten sich  Familienhotel in Nisdorf auf.

Brandenburg

Im Havelland befindet sich einer der größten Kranichrastplätze in Europa. Das Biosphärenreservat Mittelelbe und der Naturpark Westhavelland mit dem Gülpener See halten mehrere (kostenfreie) Beobachtungstürme bereit. Der Hopfen Hof von Hella mit Ferienhaus und -wohnungen eignet sich hervorragend als Basis für Touren in die Region.

Das solltest du bei der Kranich-Beobachtung beachten:

Immer genug Abstand halten und niemals stören! Das heißt: Leise sein, dunkle Kleidung tragen und Licht(blitze) vermeiden. Bitte bleib auf den ausgewiesenen Wegen, halte dich außerhalb von Naturschutzgebieten (gekennzeichnet durch ein gelbes Schild mit Eule oder ein weiß-grünes Schild mit Seeadler) auf und nutze die vorhandenen Aussichtsplattformen. Kraniche haben einen Fluchtradius von 250 – 300 Metern. Wird dieser überschritten, fliehen sie. Dabei verbrauchen sie lebenswichtige Energie, die sie eigentlich für den Weiterflug benötigt hätten.

Zwei Graue Kraniche stehen im Feld.

Es gibt zwei Arten der Beobachtung: In der Dämmerung morgens fliegen die Kraniche auf Futtersuche oder kommen abends wieder in ihrem Schlafquartier an. Hier hast du die Gelegenheit ganze Schwärme zu bewundern. Tagsüber sind sie auf den Feldern bei der Futtersuche zu sehen. Du kannst sie besonders gut aus dem Auto beobachten, solange sie dich nicht wahrnehmen. Achte dabei aber bitte auf die geltenden Verkehrsregeln und respektiere private, landwirtschaftliche Flächen. Bei der Beobachtung ist ein Fernglas mit ausreichend Lichtstärke und Dämmerungszahl sinnvoll. Wenn du kein eigenes hast, kannst du an Führungen teilnehmen, bei denen eins zur Verfügung gestellt wird.

Kraniche und Naturschutz

Der Bestand der durchziehenden Kraniche war in den 1970ern auf wenige Dutzend reduziert. Naturschützer konnten die Anzahl aber bis heute wieder soweit erhöhen, dass sie in Europa nicht mehr als gefährdet gelten. Hauptbedrohung für die Vögel ist der Verlust von Lebensraum, Störung in den Brutgebieten, direkte Verfolgung und elektrische Freileitungen. Um den Konflikt zwischen Landwirtschaft und Kranichen zu entschärfen, bieten Naturschutzorganisationen Ablenkungsfütterungen an, damit die Neusaaten der Bauern nicht unter den Vögeln leiden.

Insgesamt sind nur die Kranichpopulationen in Europa gut untersucht. Viele Freiwillige und Vogelschützer halfen in den letzten Jahren beim Zählen der Zugvögel. Du kannst beim NABU eigene Beobachtungen eintragen und so aktiv zum Schutz beitragen. Oder du übernimmst eine Kranichpatenschaft und unterstützt damit Schutz- und Forschungsprojekte der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland.

Du hast den Herbstzug in diesem Jahr verpasst? Keine Sorge, ab Februar sind die Tiere auf dem Rückweg in den Norden, um dort zu Brüten. Im Frühjahr kannst du dann besonders in den Morgenstunden ihr eindrucksvolles Balzritual beobachten und ab Mitte Mai sind sie mit Jungkranichen anzutreffen.

Wenn du wissen möchtest, wo sich die Kraniche gerade aufhalten, kannst du auf der aktuellen Rastkarte nachsehen.